Welche Menschen werden eigentlich als ‘Semiten‘ bezeichnet?

Der Begriff „die Semiten“ bezieht sich im biblischen Sinne auf die Nachfahren Sems (Sohn von Noah), das heißt, auf eine Gruppe von Menschen, die aus Vorderasien stammen. Meist werden darunter Menschen jüdischen Glaubens verstanden. Allerdings gehören dazu auch ethnische Araber sowie Christen, Muslime und Kopten, etc. Der eher ungenaue Begriff bezieht sich am ehesten noch auf die semitischen Sprachen (Arabisch, Hebräisch, Aramäisch, Maltesisch, etc.).

Was versteht man unter Antisemitismus?

Es gibt verschiedene Definitionen von Antisemitismus. Zivile Helden beruft sich auf die der Internationalen Allianz zum Holocaustgedenken (IHRA):

„Antisemitismus ist eine bestimmte Wahrnehmung von Juden, die sich als Hass gegenüber Juden ausdrücken kann. Der Antisemitismus richtet sich in Wort oder Tat gegen jüdische oder nichtjüdische Einzelpersonen und/oder deren Eigentum sowie gegen jüdische Gemeindeinstitutionen oder religiöse Einrichtungen.“

 

Zudem kann auch der Staat Israel, wenn er als jüdisches Gebilde verstanden wird, Ziel antisemitischer Angriffe sein.

Historisch liegen die Wurzeln des Antisemitismus in der christlich begründeten Ablehnung, Abwertung und Ungleichbehandlung von Juden, die sich in Verschwörungstheorien, Diskriminierung, Verfolgung und Pogromen(1) äußerte. Die moderne Form der Judenfeindschaft bildete sich im 19. Jahrhundert und verband religiöse mit rassistischen Beweggründen. Dieses biologistische Denken bildete die Voraussetzung für die nationalsozialistische Ideologie und den Holocaust(2).

 

(1)Gewaltsame Ausschreitung gegen Menschen, die entweder einer abgrenzbaren gesellschaftlichen Gruppe angehören oder aber von den Tätern einer realen bzw. vermeintlichen gesellschaftlichen Gruppe zugeordnet werden

(2)Der Holocaust oder die Shoah bezeichnet den nationalsozialistischen Völkermord an 5,6 bis 6,3 Millionen europäischen Juden.

Vier Typen von Antisemitismus:

Religiös-christlicher Antisemitismus

Juden werden aus religiösen Motiven abgelehnt und in christlich geprägten Staaten oder durch kirchliche Institutionensozial und politisch ausgrenzt. Diese Form existierte seit der Spätantike bis in die Neuzeit.

Neuzeitlicher Antisemitismus

Juden werden vorwiegend mit biologistischen und pseudowissenschaftlichen Begründungen als „Fremdkörper“ bezeichnet und aus der Mehrheitsgesellschaft ausgrenzt. Diese Form des Antisemitismus entstand während der Aufklärung und verband sich im 19. Jahrhundert mit Nationalismus, Sozialdarwinismus und Rassismus. Der „Rassenantisemitismus“ wurde in der Zeit des Nationalsozialismus in faschistischen Staaten zur Staatsideologie und begründete den Völkermord (Genozid) an den Juden.

Sekundärer Antisemitismus

Diese Form des Antisemitismus entstand in Deutschland und Österreich nach dem zweiten Weltkrieg, aus der Scham und Abwehr der Verbrechen im Holocaust und äußert sich in der Schuld- oder Erinnerungsabwehr. Der sekundäre Antisemitismus passt Motive des ursprünglichen Antisemitismus (vor 1933), den aktuellen Zeitumständen an und äußert sich beispielsweise als (antisemitische) Israelkritik, die Relativierung des Holocausts oder die Behauptung, die Juden würden ihre Opferrolle ausnutzen.

Israelkritischer Antisemitismus

Er richtet sich gegen den 1948 gegründeten Staat Israel. Dessen Vertreter bestreiten beispielsweise das Existenzrecht Israels, sie Dämonisieren den Staat Israel oder legen an das staatliche Handeln Israels doppelte Standards an (z.B. indem das Widerstandsrecht der Palästinenser unterstützt wird, die Selbstverteidigung des Staats Israel moralisch in Frage gestellt wird oder Israel als demokratischer Staat absichtlich relativierend mit Diktaturen und Terrororganisationen auf eine Stufe gestellt wird).

Von Verschwörungstheorien bis zur Gewalt

Antisemitismus endet in vielen Fällen bei physischer Gewalt, er beginnt aber bei Vorurteilen und Stereotypen, aus denen sich ein konstruiertes Bild von ‘den Juden‘ oder ‘des Jüdischen an sich‘ bilden kann, das Gewalt legitimiert. Zum Beispiel:

  • dem Vorwurf, Jüdinnen und Juden seien ehrlos, listig und betrügerisch,
  • der Vorstellung, Jüdinnen und Juden seien fremd und andersartig,
  • der Unterstellung, Jüdinnen und Juden seien rachsüchtig,
  • der Idee der Geschäftstüchtigkeit oder dem Geiz der Jüdinnen und Juden,
  • der Beschuldigung der Jüdinnen und Juden als „Christusmörder“,
  • der Behauptung einer jüdischen Weltverschwörung bzw. von der heimlichen Macht der Jüdinnen und Juden(siehe hierzu die Verschwörungstheorie der „Protokolle der Weisen von Zion“).

 

Daraus entsteht eine Spirale der verbalen und physischen Gewalt gegen Jüdinnen und Juden, also Straftaten, die in Deutschland besonders nachdrücklich geahndet werden(3).

(3)Vgl. hierzu den § 46 Abs. 2 StGB: Bei der Strafzumessung vor Gericht spielen insbesondere „die Beweggründe und die Ziele des Täters, besonders auch rassistische, fremdenfeindliche, antisemitische oder sonstige menschenverachtende“ eine Rolle.